Jeizinen im Wallis ist schon lange kein Geheimtipp mehr unter Trail-Liebhaberinnen und Enduro-Enthusiasten. Dank seiner sonnigen Lage können die abwechslungsreichen Singletrails bis spät in den Herbst befahren werden.
Wir bei Bikeplan sind fast alle nicht nur auf dem Mountainbike, sondern im Winter auch auf der Piste unterwegs. So stieg die Vorfreude, auf die Feiertage, als in Bern im Dezember der erste Schnee lag. Doch kurz vor Weihnachten wurde es wieder wärmer und die Zahl der offenen Wintersportgebiete sank. Mancherorts reichten die Bedingungen für eine technische Beschneidung gerade dazu aus, dass die Skipisten als weisse Streifen die grünen Hänge durchzogen. Hier kam es dann nicht selten vor, dass motivierte Pistenfahrer, Wanderer oder Mountainbiker aufeinandergetroffen sind.
Inzwischen hat uns Schnee und Kälte auch in Bern wieder erreicht. Sind wärmere (Rand-)Zeiten im Winter zukünftig nun eine Gefahr für den Schnee-Tourismus oder nicht? Findet die Zukunft für Bergfans mit Lust auf Fahrtwind künftig auch im Winter auf zwei Rädern statt?
„Das Klima wird dem alpinen Wintertourismus einheizen.“
So beginnt bereits 2009 ein Beitrag im Swiss Equity Magazin. Es klingt wie ein Weckruf für Wintersport-Destinationen, doch im Gegensatz zu den betrachteten Nachbarländern können Schneesport-Fans in der Schweiz aufatmen. Zumindest in Skigebieten über 2‘000 hm fällt der ansteigende Niederschlag als Schnee vom Himmel und kommt den Pistenfans zugute. Dadurch kann man in höheren Lagen die künftig höheren Temperaturen ausgleichen. Für Destinationen unter 2‘000 hm bedeutet das jedoch weniger natürlichen Schnee und mehr Regen. Somit sollen auch in der Schweiz die natürlich schneesicheren Skigebiete bis ins Jahr 2100 auf lediglich 78 zurückgehen.
"Mögliches Szenario 2060: Im Winter ist es durchschnittlich 3,5 Grad Celsius wärmer als heute. Es schneit seltener und weniger. Die Schneefallmengen in tiefen Lagen sind nur noch halb so gross. Die Nullgradgrenze ist um 650 Meter geklettert und liegt im Winter etwa auf 1500 Meter über Meer."
Vergleicht man die künftige Anzahl der Neuschneetage in der Schweiz im Jahr 2060 mit dem Mittelwert aus 1981-2010, wird das von NCC aufgezeigte Szenario noch deutlicher: Beispielsweise Piotta hatte früher ca. 24 Neuschneetage. In 2060 könnten es weniger als die Hälfte werden (s. Abbildung) (NCCS 2018, S. 13).
© Mischa Crumbach/Trailtherapy.ch: Januar 2023 – Jeizinen im Wallis
So bekommt Kunstschnee, der schon vor einigen Jahrzehnten Einzug in den Wintersport hielt, eine immer grössere Bedeutung. Da diese Art von Schnee ohne die Zugabe von künstlichen Stoffen erzeugt wird, nennt man ihn in Fachkreisen technischen Schnee. Dennoch stellt es eine Kunst dar, diesen Schnee richtig zu produzieren bzw. zu präperieren. Denn wenn die – aus Wasser und kalter Luft unter Druck erzeugten – Schneekristalle zu früh mit dem Pistenbulli präperiert werden, kann sich eine Eisschicht auf der Piste bilden. Was Schneepistolen als Wunderwaffen jedoch leisten können, zeigen nicht zuletzt die Olympischen Winterspiele 2022 in den trockenen Bergen Pekings.
Aber auch in der Schweiz ist technischer Schnee nicht mehr nur eine Ergänzung zum Naturschnee. Das Pistenangebot und die Pisten-Qualität können nur anhand der höheren Dichte des „Kunstschnees“ aufrechterhalten werden – dies berichten die Seilbahnen Schweiz gegenüber Watson im Artikel der Kampf der Skigebiete mit dem Kunstschnee.
Die generelle Schneesicherheit für den Wintertourismus trotz Klimawandel technisch aufrecht zu erhalten, wird jedoch nicht für alle Wintersport-Destinationen möglich sein. Denn die benötigten Massnahmen sind geld- und ressourcenintensiv. Grosse Unternehmen haben gegenüber den kleineren Seilbahnen den klaren Vorteil von mehr Anpassungskapazitäten.
Da eine „weisse Weihnacht“ bzw. die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr teilweise für bis zu 30% des Winterumsatzes verantwortlich ist, spielt sie eine besonders wichtige Rolle.
Les Gets, Gampel und der Churer Hausberg Brambrüesch beispielsweise haben das Potential der eigentlichen Sommer-Zielgruppen erkannt. Sie öffneten ihre Lifte bzw. Strecken für Mountainbikende. So konnten sie und auch wir von den wärmeren Temperaturen profitieren.
Diese Zielgruppen-Flexibilität funktioniert, da sich die Destinationen bereits mit den Bedürfnissen der Bikenden auseinandergesetzt haben und auf ein entsprechendes Angebot zurückgreifen können. Als besonders wertvoll wird sich das zukünftig in den Winter-Randzeiten erweisen, wo die Schneesicherheit am schnellsten schwindet.
© Mischa Crumbach/Trailtherapy.ch : “Januar 2023 – roter Teppich für Biker im Skigebiet Gampel”
Skifahren bzw. Snowboarden ist für viele Menschen in der Schweiz kaum aus dem Winter wegzudenken. Glücklicherweise muss man das auch nicht. Grade die höher gelegenen Wintersportdestinationen haben eine grosse Anpassungskapazität und können weiter für Spass auf den Pisten sorgen. Für einige Destinationen wird der Klimawandel jedoch eine Herausforderung sein, die ein strategisches Umdenken benötigt.
Die frühzeitige Auseinandersetzung mit Mountainbikenden kann dabei nicht nur den Ganzjahrestourismus fördern, sondern auch in Winterrandzeiten eine spannende Alternative bieten, ganz nach dem Motto: Je kürzer die Skisaison – desto länger ist die Bikesaison. Es sind nicht mehr nur die hartgesonnenen Mountainbikenden, die in Winterzeiten ohne Schnee auf zwei Reifen unterwegs sind. Mit Blick auf die Entwicklung des Mountainbikesports vom Extrem- zum Breitensport hin, sind Familien-Mountainbike-Ferien zu Weihnachten mehr als eine ferne Vision.
Kannst du dir Weihnachts-/ Neujahresferien auf dem Mountainbike in der Schweiz vorstellen?
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Beitragsbild © Nicolas Wicki – Bikemedia
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